hr2 Morgenfeier
Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun
Peter Bongard14.04.2017 oer Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Was geschah auf Golgatha? Warum geschah es? Und wie berührt uns das heute? Der Evangelist Lukas erzählt es und lässt dabei mitfühlen, was in den Beteiligten vorging.
Jesus wird aus dem Folterkeller des römischen Statthalters geholt und zur Hinrichtungsstätte geführt. Viele Menschen folgen. Sie alle wissen, was kommen wird und sie tun, was sie meinen, tun zu müssen. Das ist das Furchtbare an dieser Situation: Jeder tut, was er im Rahmen seiner Möglichkeiten für richtig hält. Aber dabei kommt heraus, dass ein Mensch sterben muss, der eigentlich nur die Botschaft von der Liebe Gottes überbringen und leben will. Wissen alle Beteiligten wirklich, was sie da tun? Wir werden sehen. Gehen wir in Gedanken mit ihnen und fragen uns dabei auch: Wo wäre unser Platz?
Die ersten, die Lukas nennt, sind Frauen. Sie weinen. Offenbar fühlen sie mit dem Opfer. Sie wissen um den Wert menschlichen Lebens, tragen sie es doch unter Mühen und Gefahren in ihrem eigenen Leib aus. Doch für den sterbenden Jesus können sie nichts tun außer weinen. Immerhin: In ihrer Ohnmacht sind die Frauen trotzdem bereit, sich von seinem Elend anrühren zu lassen. Zu ihnen können sich heute viele stellen, die nicht ganz in ihren eigenen Sorgen versinken. Sie bewahren sich ihren offenen Blick und ihr gutes Herz für andere. Sie sehen, wo Menschen in Not sind und helfen. Seien es Nachbarn oder Flüchtlinge, Senioren oder überlastete Mütter, Obdachlose oder Erdbebenopfer.
Auf Golgatha stehen viele andere. Sie verfolgen die Ereignisse, ohne eine Miene zu verziehen. Schauen nur zu. Man darf spekulieren, was sie dabei empfinden: Neugier, Mitleid, Genugtuung, Freude, dass es nicht sie trifft, sondern einen anderen? Vielleicht von allem etwas. Sie sind damit beschäftigt, einen guten Platz zu finden, von dem aus sie gut sehen können. Dabei wollen sie keineswegs der Obrigkeit unangenehm auffallen und womöglich in die Sache noch mit hineingezogen werden. Fragen sie sich, ob sie sich mitschuldig machen, wenn sie nichts-tuend dabei stehen? Vermutlich nicht viele, denn in der Schule des Lebens haben sie gelernt: Sie, die kleinen Leute, können das Rad der Geschichte nicht stoppen. Im Gegenteil, es ist gefährlich, sich einzumischen.
Die kompletten Morgenfeier von Kirchenpräsident Volker Jung gibt es ab dem 14. April 2017 zum Nachlesen auf www.rundfunk-evangelisch.de
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