Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Im Alsfelder Selbstlernzentrum lernen Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund kostenlos Deutsch – so wie Shaima Attiqi

          Früher Lehrerin, heute Schülerin

          LuftMenschen aus bis zu 31 Nationen nutzen das Angebot des Evangelischen Dekanats Vogelsberg und besuchen regelmäßig das Selbstlernzentrum in Alsfeld. Zum Beispiel: (v.l.) Mohamed Kedir aus Äthiopien, Shaima Attiqi und Razye Sharifi aus Afghanistan. 2.v.l: SLZ-Leiterin Tilla Lotz.

          Shaima Attiqi erinnert sich noch gut an die Zeiten, in denen sie vor einer Klasse stand und Kinder und Jugendliche mit viel Leidenschaft mitnahm in die Welt der Zahlen. Lehrerin sein sei das, was sie immer machen wollte und bis heute liebt, sagt die 52-Jährige. Doch unterrichtet hat Shaima schon lange nicht mehr.

          Heute hat sie ihre Rolle als Lehrende eingetauscht gegen die der Schülerin. Statt wie früher in Kabul vor Acht- bis Zwölftklässlern an der Tafel zu stehen, sitzt sie jetzt selbst mit Büchern, Heft, Stift und einem Laptop am Tisch – im Alsfelder Selbstlernzentrum (SLZ) des Evangelischen Dekanats Vogelsberg.

          Vor etwa vier Jahren ist Shaima Attiqi mit ihrem Mann, ihren beiden Söhnen sowie ihrer Tochter aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Die fünfköpfige Familie lebte seitdem in Flüchtlingsunterkünften in Kassel und Schlitz, seit wenigen Monaten hat sie eine eigene Wohnung in Alsfeld. Über eine Dekanatsmitarbeiterin ist Shaima schließlich auf das SLZ aufmerksam geworden – und besucht dieses seitdem regelmäßig.

          Shaima Attiqi ist eine von derzeit zehn Teilnehmenden im Alter zwischen 14 und 60 Jahren mit Migrations- oder Fluchthintergrund, die das Angebot des Alsfelder SLZ nutzen. Sie lernen dort kostenlos Deutsch, machen sich mit dem Computer vertraut, knüpfen Kontakte und bekommen Hilfe bei alltäglichen Dingen. Dazu stellt das Evangelische Dekanat neben ausgewählten Materialien für alle Niveaus auch eine Reihe von Laptops mit geeigneter Lernsoftware zur Verfügung.

          Weiteres Angebot des Dekanats entstanden

          Finanziert wird das SLZ durch Mittel des Evangelischen Dekanats Vogelsberg, über das Hessische Weiterbildungsgesetz sowie über Sonderprogramme des Landes und des Bundes. Gestartet ist das Angebot vor acht Jahren als ein Hessencampus-Projekt, auf Initiative und in Kooperation mit der Volkshochschule des Vogelsbergkreises. „Deshalb können Lernende an der Volkshochschule auch bis heute zusätzlich das Selbstlernzentrum nutzen“, erklärt Ralf Müller, Referent für Erwachsenenbildung und Ökumene beim Evangelischen Dekanat Vogelsberg.

          Ein „richtig gutes Nebenprodukt“ der Kooperation zwischen dem Dekanat und der VHS sei zudem auch der Sprachmittlerpool, findet Müller. Molortuya Bodigerel-Köhler betreut, qualifiziert und vermittelt als "Freiwilligenmanagerin Flüchtlingsarbeit" den Pool ehrenamtlicher Sprachmittler. Sie besucht regelmäßig die B2-Abschlusskurse der VHS, um Absolventen als Sprachmittler zu werben. Diese werden dann wiederum kreisweit für Dolmetsch-Einsätze angefragt, zum Beispiel für Elterngespräche an der Schule oder für Arztbesuche. „Insgesamt 350 Sprachmittler-Einsätze hatten wir dieses Jahr“, berichtet Molortuya Bodigerel-Köhler.

          Kostenlos lernen unabhängig vom Aufenthaltsstatus

          Insgesamt fünf ehrenamtliche Freiwillige geben in den Räumlichkeiten des Evangelischen Dekanats Vogelsberg zwei Mal die Woche Unterricht und Hilfestellungen für alle, die lernen wollen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus. „Denn ohne Aufenthaltsstatus hat man in Deutschland kein Anrecht auf „BAMF“-Kurse, die das ‚Bundesamt für Migration und Flüchtlinge‘ anbietet“, erklärt Tilla Lotz.
          Sie ist Dozentin für EDV, Alphabetisierung und Deutsch als Fremdsprache (DaF) und leitet das SLZ seit 2011. „Unser Selbstlernzentrum ist eine gute Alternative und eine erste Anlaufstelle“, findet sie. „Es ist schön, die Entwicklung der Menschen hier zu sehen. Es erstaunt mich immer wieder, wie schnell sie Lernfortschritte machen.“

          Zu Hochzeiten, also in den Jahren 2015/16, kamen rund 40 Teilnehmende zu jedem Treffen. Das sei zwar deutlich weniger geworden, sagt Lotz, doch „solange es noch Interessierte gibt, bieten wir das hier weiterhin gerne an – und zwar unverbindlich, freiwillig und kostenlos.“ Das Angebot richtet sich darüber hinaus auch an Menschen mit Alphabetisierungsbedarf, also Lese- und Schreibanfänger, genauso wie an diejenigen, die schon gute Grundkenntnisse haben und diese erweitern wollen.

          Ein Angebot, für das Shaima Attiqi sehr dankbar ist, erzählt die zierliche Frau mit leiser Stimme: „Meine Lehrer sind nett, sie helfen mir gerne und ich mag es, Deutsch zu lernen.“ Zwar befindet sich Shaimas Deutsch schon auf A2-Niveau und wird immer besser, aber zur Sicherheit hat sie an diesem Tag trotzdem ihren Sohn mitgenommen, um „ein bisschen beim Übersetzen zu helfen“. Shaimas Ziel sei es, so schnell wie möglich aber selbst so gut Deutsch zu können, dass sie bald wieder als Lehrende tätig sein kann. „Ich möchte gerne als Nachhilfelehrerin hier arbeiten“, verrät Shaima. „Bis dahin komme ich aber sehr gerne weiterhin regelmäßig ins Selbstlernzentrum.“

          Das Selbstlernzentrum findet zwei Mal wöchentlich im Evangelischen Dekanat Vogelsberg, Fulder Tor 28, in Alsfeld statt. Dienstags in der Zeit von 15.30 Uhr bis 18.30 Uhr und donnerstags von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr.

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