Repariercafé in Billertshausen trifft sich wieder und verweist auf International Repair Day am 16. Oktober
Recht auf Reparatur durchsetzen
14.10.2021 plu Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Wie oft bekommt man, wenn man beim Hersteller oder im Geschäft anfragt, ein Angebot zur Erstellung eines Kostenvoranschlags, das bereits weit über dem Kaufpreis liegt – da sieht man doch klar, dass wir immer nur weiter zum Kaufen animiert werden sollen“, gibt eine Besucherin des Repariercafés an. Sie war schon mehrfach vor Ort und konnte mit Hilfe des findigen und kreativen Reparierteams schon öfter totgeglaubten Gegenständen neues Leben einhauchen. Nicht zuletzt gelingt das, weil die Herren vom Repariercafé ihre eigenen kleinen Werkzeuge basteln, mit denen sie Geräte, die eigentlich nicht zu öffnen sind, auf- und auch wieder zubekommen. „Klar, dass wir nicht immer alles wieder hinkriegen, manche Sachen sind einfach kaputt, wir mit unserem Latein am Ende oder die Sicherheitsstandards machen uns zu schaffen“, so Teammitglied Lothar Kleine. Im Großen und Ganzen aber sind sie mit ihrer Erfolgsquote hochzufrieden. Und das macht ihnen nicht nur Spaß, sondern sie sehen sich auch als Mitgestalter einer neuen Konsumkultur:
Nach einer Mitteilung der Initiatoren des International Repair Day kann das Reparieren von kaputten Dingen maßgeblich zur Absenkung des CO2-Ausstoßes beitragen. Auch der Ressourcenverbrauch würde sinken, wenn mehr Gegenstände repariert werden könnten. „Doch das Gegenteil ist der Fall“, so Dr. Ursula Bernbeck: „Mit der geplanten, vorzeitigen Obsoleszenz, der eingebauten, vorzeitigen Veralterung von Geräten provoziert die Industrie eine Ex-und-Hopp-Konsummentalität, die wir uns schon lange nicht mehr leisten können.“ Die Mitinitiatorin des Repariercafés möchte neben der Lust aufs Erhalten und Reparieren daher auch zu bewussterem Einkaufen aufrufen: „Wir müssen viel ressourcenschonender leben – wie knapp selbst ganz normale Werkstoffe wie Holz werden können, sehen wir gerade jetzt. Das sollte uns die Augen für den Wert der Ressourcen öffnen.“ Das gelte auch mit Blick auf neue Technologien: „Es ist bekannt, dass neue Technologien, z.B. beim Bau von Elektrofahrzeugen für die Herstellung von Akkus, den Bedarf an Cobalt und anderen Bodenschätzen in gigantische Höhen treiben. Dabei wird Kinderarbeit billigend in Kauf genommen und Zerstörung und Vergiftung der Böden und Gewässer um die Erzminen herum nicht mit in Rechnung gestellt. Und erst recht nicht die Entsorgung. All das müsste eingepreist werden, sodass ein realistisches Bild vom Wert all dessen entsteht.“
Das Billertshäuser Repariercafé ist ein wichtiges Mosaik in dem neuen Bewusstsein, dessen Credo „Kaufe weniger, wähle es weise, erhalte es lange“ lautet. Doch das Treffen rund um das Pfarrhaus in Billertshausen ist noch mehr: Es ist auch Treffpunkt für alle, die gerne mal wieder zusammenkommen wollen. Kaffee und Kuchen gibt es dort stets gegen eine Spende, guter Austausch und außerdem die Möglichkeit, neue Dinge zu lernen. Christine Dietz bringt unter dem Motto „aus alt mach kreativ“ stets frische Upcycling-Ideen mit, es kann gestrickt und gestopft werden – kurz: Das Billertshäuser Repariercafé ist ein Angebot für viele Menschen. Nach einer langen Corona-Pause hat es seit diesem Sommer wieder geöffnet. „Wir haben uns zunächst natürlich im Freien getroffen, aber wir hoffen, dass wir auch im Herbst und Winter unter Dach wieder weitermachen können.
Das nächste Treffen wäre dann am 30. Oktober, dem jeweils letzten Samstag im Monat ab 15 Uhr. Reparateure, Reparierwillige und Gesellschaftssuchende sind herzlich eingeladen.
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