Tagesandacht
Vor einem Jahr
01.03.2021 ts Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Für Mitte März hatte ich einen tollen Urlaub gebucht, nämlich morgens früh mit dem Zug loszufahren über Brüssel und Lyon nach Barcelona, abends die Nacht-Fähre zu nehmen und am nächsten Morgen in Palma de Mallorca aufzuwachen. Ganz lange habe ich noch an diesem Traum festgehalten bis deutlich wurde, dass bald Grenzen geschlossen werden. Alle Fahrkarten zurückzugeben war ein kompliziertes Unterfangen, aber es ist größtenteils geglückt.
Bestimmt haben Sie auch noch solche Ereignisse von vor einem Jahr in Erinnerung, als plötzlich vieles anders war als gewohnt. Unsere Gehirne sind so gebaut, dass wir markante Erlebnisse nach einem Jahr noch einmal erinnern. Das können sehr positive oder sehr negative Erlebnisse sein. Nach einem Jahr werden sie noch einmal in den Gedanken aufgerufen, fangen dann aber auch schon an, verarbeitet zu werden und sich in der Erinnerung zu verändern. Es scheint neben dem Kalenderjahr, dem Schuljahr und dem Kirchenjahr so eine Art individuelles psychisches Jahr zu geben, das jeder und jede erlebt.
Dieses Jahr kaufe ich erst einmal gar keine Fahrkarten. Das ist mir zu unsicher in der jetzigen Situation. Aber hoffentlich nächstes Jahr möchte ich meine Traumreise wieder planen. Und wenn ich am Fahrkartenschalter stehe, werde ich wieder einmal zurückdenken an den März 2020. Aber dann wird das Ereignis Corona hoffentlich schon gut verarbeitet sein. Ich werde nur Herzklopfen vor Vorfreude haben. Uns allen wünsche ich, dass wir die „Explosion der Lebensfreude“, wie es einmal jemand sagte, nach der Pandemie erleben können.
Dr. Katrin Stückrath, Pfarrerin im Kirchspiel Altenschlirf – Ilbeshausen – Schlechtenwegen
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