Sonntagsgedanken
Kleines theologisches Religionsgespräch
07.09.2023 ts Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Zur Anregung möchte ich von einem Gespräch erzählen - einem Gespräch voller Impulse.
Es war auf einer Tagung. Wir sitzen gemeinsam um einen Tisch: evangelische und katholische Christen und auch Juden. Wir sprechen über die Psalmen und über unsere Gottesdienste; über Erntedankfest und Schawuot; über das Beten.
Da sagt einer: Wir Juden loben Gott. Die Christen bitten vor allem.
Wie meinst du das?
Die Christen bitten mehr, auch in ihren Gebeten: „Unser tägliches Brot gib uns heute,
vergib uns unsere Schuld.“ und „Gott, pass auf die Kinder auf,“
„Mach, dass der Krieg zu Ende geht!“ - „Gott, lass es regnen“ - „Lass die Sonne scheinen!“, und mach dies, mach das.
Sie danken dann auch. Sie bringen es ihren Kindern bei: „Wie heißt das Zauberwort? Es heißt bitte“ und „Wie sagt man? Danke!“
Und dann sagt manches Kind so bockig danke, dass es klingt, als würde ein Hund knurren! So etwas kennen wir nicht.
Die Juden bitten auch, aber vor allem danken sie, genauer: Sie loben Gott.
Unsere Gebete sind Lob und die Psalmen haben eine Melodie;
man soll sie eigentlich singen und dazu tanzen! Halleluja!
Sie preisen Gott, der so gut ist, dass er es regnen lässt - oder die Sonnen scheinen.
Sie preisen und loben Gott dafür, dass die Kinder gesund nachhause gekommen sind von der langen Busreise. Sie preisen Gott für die Früchte des Feldes und den guten Wein.
Sie preisen Gott für jeden Tag im Frieden und die gute Ernte.
Du meinst wir Christen seien undankbar?
Nein, nein! Im Gegenteil! ihr Christen dankt!
Ich bewundere es, dass ihr ein eigenes Wort für das Danken habt.
Und das Wort danke ist wirklich ein heiliges Wort!
Wir kennen es so gar nicht. In der alten hebräischen Sprache, der alten Sprache der Bibel, gibt es kein eigenes Wort für „danken“ oder „danke“.
Vom Bitten ist häufig die Rede, aber der Gegenpol dazu ist nicht „danken“,
sondern „loben“ und „preisen“.
Und was ist daran so wichtig und bemerkenswert?
Wer jemanden lobt, erzählt etwas Gutes von ihm. Das Danken ist im Loben ganz enthalten. Wer Gott lobt, lenkt alle Aufmerksamkeit auf Gott.
Er stellt sich in dem Moment nicht selbst in den Mittelpunkt;
er stellt auch nicht irgendwelche Geschenke in den Mittelpunkt „...ich brauche, ich will ...“
Sondern er lässt los, er wird frei, er kann atmen und schenken, kann feiern und singen.
Es ist eine der schönsten Erfahrungen, die Menschen machen können.
„Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken und lobsingen deinem Namen, du Höchster.“ (Psalm 92)
Nehmen Sie die Gedanken gern als Anregung zum Nachdenken und Diskutieren!
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