Jugendliche aus dem Vogelsberg und Oberhessen reisten zur ökumenischen Bruderschaft nach Taizé
Eine Woche lang Hoffnung tanken
Foto: Jutta Steckenreuter
15.05.2025
ts
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Woche für Woche sind Tausende von jungen Menschen aus allen Erdteilen bei der ökumenischen Bruderschaft zu Gast. Fernab von allem Überfluss und Annehmlichkeiten, die viele von zu Hause gewohnt sind, erleben die Teilnehmenden in Taizé intensive Gespräche und Begegnungen, berührende Glaubenserfahrungen und erhalten konkrete Impulse für den Glauben und das Leben.
Johannes (24 J.) aus Alsfeld war schon mehrmals bei der Fahrt dabei und freute sich, dass er kurz vor Anmeldeschluss noch einen Platz ergattert hat. Nach einer langen Fahrt und vielen Kennlernspielen erreichte der vollbesetzte Doppeldeckerbus das ersehnte Reiseziel, und während „die Neuen“ erstmal auf Entdeckungstour gingen, fühlte es sich für die Taizé-Erfahrenen an wie „zu Hause ankommen“.
Viele, die zum ersten Mal in Taizé dabei waren, staunten bei der Ankunft nicht schlecht: einfache Holzbarracken zum Schlafen, Gemeinschaftsbäder und überschaubare Mahlzeiten. „Das Essen ist zwar sehr einfach gehalten und sieht wenig aus, aber meistens ist es dann viel zu viel“, berichtet ein Teilnehmer. „Ich bin überrascht, mit wie wenig Besitz und Komfort man auskommen kann und man ist trotzdem glücklich“, bestätigt auch Markus.
Bereits nach wenigen Tagen ist der anfängliche Schock über den einfachen Lebensstil nur noch Nebensache – so viel mehr wiegen die intensiven Erfahrungen, die die jungen Menschen in Taizé machen: „Taizé ist ein sehr emotionaler Ort und ich hätte nicht gedacht, dass es so emotional wird. Die Gottesdienste sind wirklich schön und ich werde sie auf jeden Fall vermissen“, erzählt Hanna. „Meistens bleibe ich bis zwei Uhr nachts noch in der Kirche und höre den Gesängen zu. Es ist einfach sehr beruhigend und ich kann hier meinen Glauben und meine Bindung zu Gott stärken“. Die junge Frau nahm zum ersten Mal bei der Taizéfahrt teil. „Am schönsten sind die Gespräche, die sich spontan ergeben. Hier in Taizé traue ich mich, Menschen anzusprechen, die ich vorher noch nie gesehen habe“ erzählt eine andere Jugendliche. Und Carlotta ergänzt: „Die Gemeinschaft ist cool und auch die neuen Leute, die man kennenlernt.“
Während beim Wort „Bibel“ zu Hause viele Jugendliche mit den Augen rollen, ist die morgendliche Beschäftigung mit einem Bibeltext in Taizé das Natürlichste der Welt. Die tägliche Bibeleinführung durch einen Taizé-Bruder und der anschließende Austausch darüber in Kleingruppen sind in Taizé fester Programmpunkt. Dabei geht es um ganz persönliche Themen: „Welche Bedeutung hat der Bibeltext für das eigene Leben? Und wie kann man Jesus in seinem Leben entdecken und nachfolgen?“ Dies sind existenzielle Fragen, die die jungen Leute auch bei der diesjährigen Fahrt beschäftigt haben. Die Grundlage für die Bibelarbeit war der Jahresbrief von Taizé – „Hoffen über alle Hoffnung hinaus“. In diesem ermutigt Prior Bruder Matthew dazu, Pilger der Hoffnung und des Friedens zu werden. Alle Menschen seien eingeladen, auch auf das zu hoffen, was einem unmöglich und unsichtbar erscheint. Die Botschaft von Ostern sei, dass Gott auch aus hoffnungslosen und ausweglosen Situationen Neues entstehen lassen könne. „In Taizé beschäftigt man sich viel damit, was die Botschaft Jesu mit dem eigenen Leben zu tun hat. Das finde ich klasse! Bei unseren Gottesdiensten in Deutschland kommt mir das oft zu kurz“ erzählt Tim aus dem Betreuerteam.
Neben der Bibeleinführung sind auch die dreimal am Tag stattfindenden Gebete mit mehrstimmigen und mehrsprachigen Gesängen und einer Zeit der Stille zentraler Bestandteil einer Taizéwoche. Im Anschluss an das Abendgebet besteht die Möglichkeit, mit einem Taizébruder zu sprechen. Nach anfänglicher Überwindung nutzten viele Jugendliche und Erwachsene aus der Reisgruppe die Gelegenheit und erzählten dem Taizébruder von Herausforderungen im Alltag, Ängsten und Glaubenszweifeln oder baten um einen konkreten Tipp oder Segen für das eigene Leben. „Gestern habe ich das erste Mal mit einem Bruder gesprochen. Es war sehr befreiend. Normalerweise mag ich es nicht, vor Menschen zu weinen oder über meine Gedanken und Gefühle zu sprechen, aber es hat wirklich geholfen“, beschreibt eine Teilnehmerin aus der Reisegruppe ihre Erfahrung.
Wer einmal nach Taizé fährt, kommt verändert zurück. Die Erlebnisse aus Taizé prägen und stärken die jungen Menschen ein Leben lang. „Taizé weckt die Sehnsucht nach Versöhnung und nach einer Verbindung zu Gott“, sind sich die Betreuerinnen und Betreuer einig, „deswegen bieten wir die Fahrt jedes Jahr an.“ Doch wie geht es zu Hause nun weiter? Cordula, die als eine von wenigen Erwachsenen mit dabei war, sagt: „Die Taizéwoche und die Beschäftigung mit dem Thema Hoffnung hat bei mir etwas angestoßen. Das Thema Hoffnung fordert mich heraus. Es ist nicht leicht, aber ich versuche jeden Tag hoffnungsvoll zu leben und Hoffnung zu haben; im privaten Bereich, aber auch für die Glaubenden und Nichtglaubenden vor Ort, Hoffnung für Menschen in persönlichen und weltweiten Krisen.“
Die ökumenische Taizéfahrt wurde bereits zum zweiten Mal von einem großen Netzwerk aus katholischen und evangelischen Akteuren in Oberhessen organisiert (Katholisches Jugendbüro Oberhessen-Standort Alsfeld, Evangelisches Dekanat Vogelsberg, Katholischer Pastoralraum Gießen-Süd, Junge Kirche Gießen, Evangelisch in Gießen Ost, Evangelische Gesamtkirchengemeinde Gießen Mitte, Evangelische Kirchengemeinde Watzenborn-Steinberg). Das Betreuer- und Organisatorenteam bestand aus Jutta Steckenreuter, Kerstin Rehberg-Schroth, Miriam Weigang, Tim van Slobbe, Johannes Krug, Markus Wagner und Kathrin Landwehr-Martin. Bis zur nächsten Taizéfahrt findet jeden Monat an einem anderen Ort im Vogelsbergkreis ein ökumenisches Taizégebet statt. Infos gibt es beim Evangelischen Dekanat (06631 / 911 490) oder beim Katholischen Jugendbüro Alsfeld (06631 / 77 651 12). In der Zwischenzeit bieten die Teams monatlich stattfindende Taizégebete an. Das nächste findet am Sonntag, dem 25. Mai, um 19 Uhr in der katholischen Kirche in Romrod statt.
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