Die Stellvertretende Kirchenpräsidentin äußert sich zur Bedeutung von Sonn- und Feiertagen
Freier Sonntag stärkt Resilienz der Gesellschaft
© Getty Images, solstockAustausch beim Kirchenkaffee nach dem Gottesdienst28.03.2024 ts Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
veröffentlicht 27.02.2024
von Caroline Schröder
„Der Sonntag ist ein Geschenk. Er ist eine kulturelle und rechtliche Errungenschaft, die uns allen etwas sehr Wertvolles gibt: Zeit. Sicherlich nutzen viele Christinnen und Christen diese Zeit für Gottesdienstbesuche. Mir geht es aber um mehr: Sonn- und Feiertage geben uns Freiräume für all die Dinge, die uns abseits von Kommerz von Bedeutung sind“, so Ulrike Scherf, Stellvertretende Kirchenpräsidentin, in Darmstadt.
Freier Sonntag essentiell für friedliches Zusammenleben in Krisenzeiten
Gerade in krisenhaften Zeiten sei es eine unschätzbare Quelle gesellschaftlicher Resilienz, wenn Menschen die Chance bekämen, einen ganzen Tag pro Woche aus der üblichen Alltagsroutine herauszutreten. So entstehe Raum, die eigene Lebensperspektive – christlich oder nicht – abseits von Leistung und Wettbewerb zu leben und auch mit anderen Religionen und Kulturen in Kontakt zu treten. Dies stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
„Der Sonntag weitet den eigenen Blick, weil wir an diesem Tag anderen Menschen begegnen können – oft ungeplant im Park oder in der freien Natur, auf dem Jahrmarkt oder dem Schwimmbad. Wir verstehen ganz nebenbei, wie unterschiedlich wir sein und uns doch gemeinsam an der freien Zeit erfreuen können“, so Scherf. Auch für den Zusammenhalt in Familien und im Freundeskreis seien gemeinsame freie Zeiten wichtig.
Es sei ein hohes Gut, dass möglichst viele Menschen den Sonntag ohne Arbeitsverpflichtung begehen können. Daher sei auch zukünftig am grundgesetzlichen Schutz der Sonn- und Feiertage festzuhalten, sagte Scherf. Dieser besage, dass sämtliche Tätigkeiten, die Erwerbsarbeit erfordern und auf Werktage verschoben werden können, auch auf Werktage zu verschieben sind.
EKHN sieht Öffnung von Minimärkten an Sonn- und Feiertagen kritisch
Aus diesem Grund sieht die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau die Überlegungen zur Öffnung sogenannter Minimärkte auch an den Sonn- und Feiertagen im hessischen Parlament kritisch. Eine Verbesserung der regionalen Situation sei unbedingt wünschenswert. Aber es sei nicht zu erwarten, dass die angedachte Lösung die Nahversorgung auf dem Land dauerhaft verbessern würde: Trotz Sonntagsöffnung werden sich Minimärkte vermutlich nur dort rechnen, wo ausreichender Umsatz generiert werden kann – also in städtischen Lagen. Inzwischen wurde bereits mindestens ein solcher Minimarkt auf dem Land trotz Sonntagsöffnung wieder geschlossen.
Scherf erklärte dazu in Darmstadt: „Faktisch würde eine Gesetzesänderung nicht die Nahversorgung in dünner besiedelten Regionen zur Folge haben, sondern den Verdrängungswettbewerb in den Städten weiter steigern.“ Außerdem kämen auch diese Minimärkte nicht ohne Sonntagsarbeit aus. Mitarbeitende kontrollierten Waren und Bestellungen und räumten die Läden auf. Im Hintergrund würde technischer Support vorgehalten, und dass die Kontrolle der Filialen via Kamera an Sonntagen ausgesetzt würde, scheint ebenfalls schwer vorstellbar.
Hintergrund: Internationaler Tag des freien Sonntags
Der Internationale Tag des freien Sonntags geht auf einen Erlass des römischen Kaisers Konstantin zurück, der am 3. März des Jahres 321 den Sonntag zum arbeitsfreien Tag erklärte. Bereits damals stand der freie Sonntag für ganz unterschiedliche Tätigkeiten zur Verfügung und war nicht nur für Christen ein freier Tag.
Die EKHN wird durch das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) sowohl in der hessischen als auch in der rheinland-pfälzischen Allianz für den freien Sonntag vertreten. Zudem koordiniert das ZGV aktuell für den evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) auch die evangelische Mitwirkung an der Bundesallianz für den freien Sonntag.
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