Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Sonntagspredigt in diesen Zeiten von Karin Klaffehn, Pfarrerin in Lauterbach und Heblos

          Ansprache zum Gründonnerstag

          Gründonnerstagabend ist der Abend des Abschieds. Jesus weiß das und seine Jünger spüren es. Der gemeinsame Weg ist zu Ende. Noch einmal kommen sie zusammen zu einem gemeinsamen Abendessen. Es ist die Zeit, um zurück zu blicken, der Moment, das was war, loszulassen.

          Ich stelle mir vor, dass es ein stilles Abendessen ist. Keinem ist danach zumute, große Reden zu halten. Alle hängen ihren Gedanken, ihren Erinnerungen nach:

          Was ist alles passiert in den letzten Jahren. Ihr Leben hat sich total verändert: ganz normale Männer, Familienväter, einfache Leute, deren Tage immer gleichförmig darin bestanden, das Leben der Familie abzusichern, werden zu Aussteigern. Sie folgen einem Ideal, einem Traum, erahnen, dass sie Teil der Geschichte Gottes mit den Menschen sind. – und auch Jesus: Vom Zimmermannssohn zum Heilsbringer - gefeiert und angefeindet.

          Sie haben etwas erreicht: Menschen haben Gottes Stimme neu gehört. Kranke haben Gottes heilende Kraft erlebt, das resignierte und von der Macht der Römer gedemütigte Volk hat begonnen, neu daran zu glauben, dass Gott nahe ist und mit ihm die Rettung.

          Sie haben etwas erreicht, aber waren sie auch erfolgreich? Oder sind sie, ist Jesus, letztlich gescheitert? Das Reich Gottes, von dem Jesus immer gesprochen hat, ist noch nicht gekommen.

          Nun wird wieder alles anders werden. Die Jünger wissen das. Sie können das was war, nicht krampfhaft festhalten, müssen loslassen; auch Jesus, an den sie ihr Leben und ihr Glück gebunden haben, müssen sie loslassen. Und Jesus selbst muss sein Leben loslassen.

          Die Jünger und auch Jesus reißen sich los von den Erinnerungen. Der Abend des Abschiednehmens ist auch ein Abend der Angst: was wird nun kommen? Was erwartet sie, wenn sie nach dem Abendessen das Haus verlassen? Verrat, Verlust, Leid? Die Furcht vor den Schrecken der Nacht gehört auch zur Abendstimmung. Welche dunklen Mächte werden nun über sie kommen: Jesus ahnt, was er nicht wahrhaben will: Seine Geschichte wird nicht weitergehen, er wird sterben.

          „Nehmt, esst, das ist mein Leib. Nehmt, trinkt, das ist mein Blut. Und immer wenn ihr das tut, erinnert euch an mich und vergesst nicht: ich bin bei euch.“

          Jesu Worte durchbrechen das Schweigen, die Erinnerungen an das, was war, die Angst vor dem, was kommt. Jesus nimmt das Brot, teilt es und gibt es seinen Jüngern. Er nimmt den Weinkelch, trinkt und gibt ihn seinen Jüngern.

          „Brot und Wein werden uns Kraft geben, egal, was uns jetzt widerfährt. Brot und Wein werden euch stärken, werden euch an mich erinnern.

          Alles hat einen Sinn. Das was war, wird nicht wertlos, weil es nun vorbei ist. Das was kommt, ist kein willkürliches Schicksal, es liegt auch in Gottes Händen. Alles ist Teil seines großen Heilshandelns:

          Sie feiern Abendmahl am Vorabend des Passafestes. Damals hatte Gott sein Volk aus der Unterdrückung und der Not in Ägypten hinausgeführt, hat es durch die Wüste, durch die tiefste Verlassenheit hindurch in das gelobte Land geführt. Er wird auch uns durch die Dunkelheit und den Tod hindurch zu neuem Leben führen.

          Gründonnerstag-Abschiedsabende gehören zu unserem Leben.

          Etwas, das unser Leben ausgemacht hat, reich und schön und lebenswert gemacht hat, geht unwiederbringlich zu Ende – und oft ahnen wir es schon vorher: Wir müssen uns irgendwann von verabschieden: unserer Jugend, davon, noch alles erreichen zu können. Wir müssen uns irgendwann von dem einen oder anderen Traum verabschieden: davon, die Welt verbessern zu können, vom Traumberuf, von einem Leben ohne Sorgen, Traum vom ewigen Glück und der gelingenden Beziehung. Wir nehmen irgendwann Abschied von treuen Begleitern in unserem Leben, Abschied von Kraft und Gesundheit.

          Die Gründonnerstage sind Tage, an denen uns klar wird, dass etwas zu Ende geht, was uns lieb und wert war. Abende, an denen wir dem nachhängen und nachweinen, was war. Abende, an denen wir loslassen müssen, was wir eigentlich immer festhalten wollten. Gründonnerstage sind Greindonnerstage – Tage zu Heulen, Tage, an denen uns tiefe Finsternis, ja der Tod vor Augen stehen: schmerzhaft und unglaublich bitter.

          Gründonnerstagabend ist auch die Zeit, in der Jesus das Schweigen, die bittere Erinnerung und die Angst vor dem Morgen bricht, mir Brot und Wein reicht: „Nimm und iss! Nimm und trink! Ich bin bei dir. Ich kenne dein Leid. Ich tröste dich über dem, was du loslassen musst. Ich stärke dich für den Weg durch das Dunkel. Du bist und bleibst Teil der großen Heilsgeschichte Gottes mit seinen Menschen.“

          Der, der Jesus am dritten Tag von den Toten auferweckt hat, der lässt auch dich nicht im dunklen Tal allein. Nimm und iss vom Brot des Lebens. Nimm und trink vom Kelch des Heils. Und dann teile das Brot mit denen, die um dich sind, und reiche den Kelch an sie weiter: Siehe, du bist nicht allein. Gemeinsam geht ihr auf Ostern zu. Finsternis und Tod werden überwunden.

          Amen

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